Pianola trifft Cello

Manchmal braucht es nur eine geöffnete Bodenluke, um musikalische Grenzen zu überschreiten. Das Heimathaus Hauenhorst wurde am Sonntagabend zur Bühne eines ganz besonderen Experiments: Unter dem Titel „Pianola trifft Cello“ begegneten sich dort Vergangenheit und Gegenwart, mechanisches Spiel und lebendige Interpretation, in einem Konzert, das nicht nur Töne, sondern auch Räume erfüllte.
Die Szenerie hätte nicht stimmungsvoller sein können. Zwischen liebevoll arrangierten Ausstellungsstücken und nostalgischen Möbeln versammelten sich 30 Gäste – 20 von ihnen saßen im Obergeschoss, direkt vor dem historischen Selbstspielklavier und der Cellogruppe AmiCelli, zehn weitere verfolgten das Geschehen per Live-Übertragung unten in der Diele. Dank der geöffneten Deckenluke und der installierten Kameratechnik war nicht nur Sicht-, sondern auch Hörverbindung gegeben – eine Premiere in der Geschichte des Heimathauses.
Der Auftakt war ebenso charmant wie überraschend: Mit Franz Léhars „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst“ erklangen Pianola und sechs Celli gemeinsam – ein Dialog zwischen Technik und Gefühl, einerseits präzise auf einer Rolle gelocht und gleichzeitig menschlich beseelt gespielt. Andreas Galle, Vorsitzender des Heimatvereins Hauenhorst/Catenhorn, begrüßte das Publikum herzlich und richtete seinen Dank an Gisela Söder, Leiterin der Cellogruppe, sowie an Jörg Naß, dem Restaurator des Pianolas, für die Idee und die intensive Vorbereitung.
Naß selbst sprach in seiner kurzen Einführung weniger von einem Konzert als vielmehr von einem „Experiment“. Und in der Tat: Noch nie zuvor war das Obergeschoss des Heimathauses zur Bühne geworden. Doch der Klang der Celli, ergänzt durch das leise Rumpeln des selbstspielenden Klaviers, fand mühelos seinen Weg durch die Räume und erzeugte eine ganz eigene Magie.
Der Abend nahm in wechselnden Programmpunkten seinen Lauf. AmiCelli präsentierte ein feinfühliges „Morning has broken“, gefolgt vom Pizzicato aus Delibes’ Ballet „Sylvia“ – einer tänzerisch-zupfenden Passage, eingespielt auf dem Pianola. Mit „Plaisir d’Amour“ und „El Choclo“ setzten die Cellisten emotionale Akzente, ehe das Pianola mit der „Tangoprinzessin“ zu tänzeln begann. Offenbachs „Barcarole“, Sinatras „My Way“ und spanische Tänze wechselten sich ab – jedes Stück ein kleines Juwel, sorgfältig abgestimmt auf die jeweilige Klangfarbe des Instruments.
Der Höhepunkt des Abends war zweifellos das gemeinsame Finale mit Schuberts „Ständchen“ – ein Moment, in dem sich menschliches Spiel und mechanische Präzision in vollkommener Harmonie begegneten. Der anschließende langanhaltende Schlussapplaus zeigte, wie sehr das Publikum von diesem ungewöhnlichen und zugleich berührenden Konzerterlebnis begeistert war.
Renate Heider vom Heimatverein bedankte sich abschließend mit kleinen Geschenken bei den Mitwirkenden – doch der Abend war noch nicht vorbei. Jörg Naß öffnete das Pianola und gab Einblick in die feinmechanische Welt der pneumatischen Steuerung, der gelochten Notenrollen und filigranen Bälge. Ein faszinierender Blick hinter die Kulissen, dem viele Gäste aufmerksam folgten.
In den anschließenden Gesprächen zeigte sich nicht nur Freude, sondern auch der Wunsch nach Wiederholung. Vielleicht wird dieses Experiment also zur Tradition – die geöffnete Bodenluke wäre jedenfalls bereit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert